ATTR Amyloidose

Die ATTR-Amyloidose manifestiert sich neurologisch mit einer rasch progredienten, schmerzhaften sensomotorischen und autonomen Neuropathie. Dazu kommen frühzeitig ausgeprägte autonome Funktionsstörungen. Die kardiale Beteiligung ist eine Herzinsuffizienz mit allen möglichen Symptomkonstellationen, wobei diese die Prognose der Patienten dominiert. Im Zuge neuer bildgebender und damit nichtinvasiver Diagnostikmöglichkeiten im Bereich der kardialen Amyloidose hat sich gezeigt, dass ATTR-Amyloidablagerungen und auch pathogene Mutationen des ATTR Gens deutlich häufiger zu finden sind als erwartet und die ATTR-Amyloidose erheblich unterdiagnostiziert ist. Bei Patienten mit Herzinsuffizienz und erhaltener linksventrikulärer Ejektionsfraktion und Patienten, die eine transaortale Aortenklappenimplantation bekommen haben, fand sich in bis zu 16% ATTR-Amyloid im Myokard. Bei unselektierten Patienten mit Myokardhypertrophie konnten in 2% eine pathogene Mutation im ATTR-Gen im Sinne einer hereditären Amyloidoseerkrankung gefunden werden. Berücksichtigt man die hohe Prävalenz der Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion in der älteren Bevölkerung (ca. 5% der Menschen über 70 Jahre), erscheint die ATTR-Amyloidose von erheblicher medizinischer Bedeutung zu sein.

Bislang existierten wenige Therapien, die den Krankheitsverlauf der ATTR Amyloidose günstig beeinflussen können. Seit 2011 ist Tafamidis beim frühen Stadium 1 nach Coutinho der familiären ATTR-Amyloid-Polyneuopathie zugelassen. 2018 wurden Patisiran, ein RNA-Interferenz Therapeutikum, und Inotersen, ein Antisense-Oligonukleotid, für die Therapie der familiären ATTR-Amyloid Polyneuopathie im Stadium 1 und 2 nach Coutinho zugelassen. Aktuell konnte in einer Phase III Studie gezeigt werden, dass bei Patienten mit hereditärer oder seniler (Wildtyp)-ATTR-Kardiomyopathie die Therapie mit Tafamidis sowohl den Progress der Krankheit, als auch das Gesamtüberleben der Patienten signifikant verbessern kann. Eine Zulassung von Tafamidis für diese erweiterte Indikation besteht seit Anfang 2020.

Angesichts dieser neuen Daten zur erheblich unterschätzten Prävalenz der ATTR-Amyloidose wie auch den nun erstmal verfügbaren Therapieoptionen müssen Bemühungen unternommen werden, Patienten mit dieser Erkrankung in der Breitenversorgung zu erkennen und möglichst früh im Krankheitsverlauf zu diagnostizieren und einer kausalen, effektiven Therapie zuzuführen. Dies erfordert neben Informationsvermittlung zu der Erkrankung vor allem ein enges Zusammenwirken verschiedener Fachdisziplinen bei der oft komplexen Primärdiagnostik, die neben multimodaler Bildgebung oft auch Gewebeprobeentnahmen und genetische Diagnostik erfordern. Die innovativen und kostenintensiven Therapien erfordern Erfahrung bei der Verabreichung und dem Monitoring.